1. Ann - Veruschka Jurisch, FDP
1. Setzen Sie sich für die Ersetzung des sog. "Transsexuellengesetzes" (kurz TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ein?
Ja. Ich möchte das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen, weil das TSG die Persönlichkeitsrechte von Transpersonen verletzt.
Namens- und Personenstandsdatenänderungen müssen ohne diskriminierende Hürden möglich sein.
Aufklärungs- und Beratungsangebote wollen wir Freie Demokrat*innen stärken.
Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von den Krankenkassen übernommen werden.
2. Anders als bei Mann-Frau-Ehen muss in einer Ehe zwischen zwei Frauen die Frau, die das Kind nicht geboren hat, eine Stiefkindadoption beantragen. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Ungleichbehandlung beendet wird?
Ja. Alle Ehepartner*innen sollen gemeinsam Eltern eines Kindes werden können.
Auch für unverheiratete queere Paare muss die Adoption erleichtert werden.
Die unverheirateten Paare sollen wie verheiratete Paare im Adoptionsrecht gleichgestellt werden.
Zur Vermeidung von Diskriminierung soll das Adoptionsverfahren solange wie möglich anonym sein.
Entscheidend darf für die Prüfung des Jugendamtes alleine ein liebevolles Umfeld für das Kind sein, denn das Kindeswohl hängt von der Liebe der Eltern ab.
3. Sollten queere Menschen in Länder abgeschoben werden können, in denen ihnen Verfolgung aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität droht?
LGBTQIA+-Geflüchtete aus queerfeindlichen Staaten benötigen einen besonderen Schutzstatus. Es müssen Unterkünfte speziell für queere Geflüchtete geschaffen werden.
Wir Freie Demokrat*innen wollen, dass sich Deutschland gemeinsam mit EU-Partnern konsequent für die Stärkung von LGBTQIA+-Rechten einsetzt, Menschenrechtsverletzungen an Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen verurteilt und für die Abschaffung diskriminierender Gesetze eintritt. Bei Strafverschärfungen gegen LGBTQIA+ muss Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit im Dialog mit Nichtregierungsorganisationen vor Ort auf den Prüfstand stellen, gegebenenfalls die Budgethilfe streichen und die Zusammenarbeit mit staatlichen Einrichtungen beenden. Auf Ebene der Vereinten Nationen fordern wir eine Konvention für LGBTQIA+ -Rechte nach dem Vorbild der Frauenrechtskonvention.
Nirgendwo dürfen homosexuelle Handlungen und die geschlechtliche Identität kriminalisiert werden.
Menschenrechtsverletzungen an queeren Personen müssen sofort beendet werden.
4. Sollte der dritte Geschlechtseintrag ("divers") für alle Menschen zugänglich gemacht werden, die sich weder männlich noch weiblich definieren?
Ja. Im Bundestag werde ich mich dafür einsetzen, den Geschlechtseintrag “divers“ allen Menschen zu eröffnen, die ihn benötigen und die ihn wollen.
Das Personenstandsgesetz darf nicht nur für intersexuelle Menschen gedacht sein, sondern muss geändert werden für Menschen, die sich nicht eindeutig männlich oder weiblich zuordnen wollen.
Änderungen des Vornamens und des rechtlichen Geschlechts müssen auf Antrag beim Standesamt möglich sein.
Entwürdigende Begutachtungen und Pathologisierungen müssen abgeschafft werden, ebenso die komplizierten bürokratischen Prozesse und die damit entstehenden Kosten müssen gesenkt werden.
5. Sollte Artikel 3 des Grundgesetzes erweitert werden, um Diskriminierung aufgrund der sexuellen sowie geschlechtlichen Identität zu verbieten?
Unbedingt. Wir Freie Demokrat*innen fordern seit langem in den Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz mit „sexuelle Identität“ zu erweitern um Menschen vor Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Identität zu schützen.
Ich bin der Meinung, niemand darf aufgrund der sexuellen Identität diskriminiert werden.
Diesen Schutz soll das Grundgesetz unmissverständlich im Wortlaut garantieren.
Noch in den 1950er Jahren haben die Verfassungsrichter auf Basis desselben Wortlauts die strafrechtliche Verfolgung (§ 175 StGB) homosexueller Männer gebilligt.
Ein solches Unrecht darf sich niemals wiederholen.
Politische Stimmungslagen dürfen nicht zur Gefahr für Freiheit und Würde des Einzelnen werden.
Am verfassungsrechtlichen Schutz der sexuellen Identität darf es keinen Anzweifelungen geben.
2. Lina Seitzl, SPD
1. Setzen Sie sich für die Ersetzung des sog. "Transsexuellengesetzes" (kurz TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ein?
Wir wollen, dass trans-, inter- und nicht binäre Menschen im Recht gleichbehandelt werden, deshalb werden wir das Transsexuellengesetz reformieren.
2. Anders als bei Mann-Frau-Ehen muss in einer Ehe zwischen zwei Frauen die Frau, die das Kind nicht geboren hat, eine Stiefkindadoption beantragen. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Ungleichbehandlung beendet wird?
Familie ist da, wo Kinder sind! Wir setzen uns ein für gleiche Rechte von gleichgeschlechtlichen Partner*innen in der Ehe, insbesondere bei Adoptionen. Um diesem Grundsatz gerecht zu werden, wollen wir auch ein modernes Abstammungsrecht. Hierbei gilt es, die gesellschaftliche Realität auch in diesem Bereich rechtssicher nachzuvollziehen. Unsere Vorstellung, was das vor allem für queere Eltern bedeutet, waren in der zu Ende gehenden Legislaturperiode leider nicht in Einklang zu bringen mit der ablehnenden Haltung der CDU und CSU. Vor allem beim Thema Mitmutterschaft gab es kein Entgegenkommen. Ein modernes Abstammungsrecht ohne Mitmutterschaft ist für uns aber nicht denkbar. Deshalb haben wir das Thema erneut als Forderung für die kommende Legislaturperiode in unser Wahlprogramm aufgenommen. Wir sind froh, dass wir in den kommenden Jahren auf die wertvolle Vorarbeit für ein gutes Gesetz zurückgreifen können. Dafür hoffen und werben wir jetzt für die nötigen politischen Mehrheiten im kommenden Bundestag.
3. Sollten queere Menschen in Länder abgeschoben werden können, in denen ihnen Verfolgung aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität droht?
Für die Aufnahme von Schutzsuchenden und damit auch für die Begleitung, Beratung und den Schutz queerer Personen sind in erster Linie die aufnehmenden Länder und Kommunen zuständig. Wir begrüßen es sehr, dass es in fast allen Bundesländern und in vielen Kommunen Konzepte für die Unterbringung und Begleitung besonders schutzbedürftiger Personengruppen unter den Asylsuchenden entwickelt. In der zurückliegenden Legislaturperiode wurden von Seiten des Bundes bauliche Schutzmaßnahme für schutzbedürftige Personengruppen in den Flüchtlingsunterkünften gefördert. Die „Mindeststandards zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften“ wurden zwischenzeitlich ergänzt durch Standards speziell zur Gruppe schutzsuchender LSBTIQ. Zudem wollen wir dafür sorgen, dass das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein faires und rechtsstaatliches Verfahren garantiert. Spätestens mit dem EuGH-Urteil von 2013 ist klar, dass die sexuelle Identität als Fluchtgrund anerkannt ist. Die existierenden Leitsätze für die Asylentscheider dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern müssen sich in der Entscheidungspraxis des Bundesamtes widerspiegeln. Das gilt in allen Verfahren. Insbesondere und selbstverständlich gilt es Verfassungsrechtsprechung einzuhalten, die es untersagt, Asylsuchende bei Nachforschungen faktisch zu outen. Uns ist weiterhin eine geschlechtergerechte Unterbringung in Flüchtlingsunterkünften sehr wichtig und wollen auch alleinreisende Frauen, Schwangere, Frauen mit Kindern und auch schutzsuchende queere Menschen besonders schützen
4. Sollte der dritte Geschlechtseintrag ("divers") für alle Menschen zugänglich gemacht werden, die sich weder männlich noch weiblich definieren?
Wir wollen, dass künftig kein Gericht mehr über die Anpassung des Personenstandes entscheiden soll. Psychologische Gutachten zur Feststellung der
Geschlechtsidentität werden wir abschaffen. Jeder Mensch sollte selbst über sein Leben bestimmen können.
5. Sollte Artikel 3 des Grundgesetzes erweitert werden, um Diskriminierung aufgrund der sexuellen sowie geschlechtlichen Identität zu verbieten?
Menschen sollen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können–mit gleichen Rechten und Pflichten. Das Diskriminierungsverbot wegen der geschlechtlichen und sexuellen Identität werden wir in Art. 3 Abs. 3 GG aufnehmen. Das fordern wir seit 2011, und wir werden weiterhin dafür kämpfen, die entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten hierfür zubekommen.
3. Sebastian Lederer, Bündnis 90/die Grünen
1. Setzen Sie sich für die Ersetzung des sog. "Transsexuellengesetzes" (kurz TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ein?
JA! Es wird Zeit dieses menschenverachtende TSG abzuschaffen. Wir haben am 19. Mai 2021 genau das in den Bundestag eingebracht. CDU/CSU, SPD und AFD lehnten diesen Vorstoß ab, die FDP enthielt sich.
2. Anders als bei Mann-Frau-Ehen muss in einer Ehe zwischen zwei Frauen die Frau, die das Kind nicht geboren hat, eine Stiefkindadoption beantragen. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Ungleichbehandlung beendet wird?
JA! Zwei-Mütter-Familien sollen nicht mehr durch das Stiefkindadoptionsverfahren müssen, darum streben wir an, das Abstammungsrecht zu reformieren, sodass die Co-Mutter analog zu Vätern in Ehen zwischen einem Mann und einer Frau automatisch als zweites rechtliches Elternteil gilt. Das Abstammungsrecht muss zudem die Elternschaft von Menschen mit Geschlechtseintrag „divers“ berücksichtigen.
3. Sollten queere Menschen in Länder abgeschoben werden können, in denen ihnen Verfolgung aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität droht?
NEIN! Abschiebungen von Menschen, die auf Grund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität verfolgt werden, kann doch niemand gutheißen. Es wird Zeit endlich unserer Verantwortung gerecht zu werden.
4. Sollte der dritte Geschlechtseintrag ("divers") für alle Menschen zugänglich gemacht werden, die sich weder männlich noch weiblich definieren?
JA! Wir sollten allen Menschen ermöglichen ihrer Identität gerecht zu werden. Und wenn Menschen sich nicht einem binären Geschlecht zuordnen, sollten wir ihnen unbürokratisch ermöglichen „divers“ als Geschlechtseintrag anzunehmen. Dabei wollen wir auch eine Änderung des Namens auf Antrag ermöglichen.
5. Sollte Artikel 3 des Grundgesetzes erweitert werden, um Diskriminierung aufgrund der sexuellen sowie geschlechtlichen Identität zu verbieten?
JA! Lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen sollen selbstbestimmt und diskriminierungsfrei ihr Leben leben können. Dafür und gegen gesetzliche Diskriminierungen sowie Benachteiligungen und Anfeindungen im Alltag werden wir ein starkes Signal setzen und den Schutz von Menschen aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität durch die Ergänzung des Artikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes sicherstellen.
4.Sibylle Röth, die Linke
1. Setzen Sie sich für die Ersetzung des sog. "Transsexuellengesetzes" (kurz TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ein?
Ja, denn das sog. "Transsexuellengesetz" wurde bereits in der Vergangenheit in relevanten Teilen für verfassungswidrig erklärt und diskriminiert auch heute noch Trans*Personen mit übergriffen intimen Fragen und bürokratischen Hürden. Dass gerade erst ein Anlauf zur Abschaffung im Bundestag gescheitert ist, ist beschämend, denn mehr als „verfassungswidrig“ muss man dazu doch eigentlich nicht sagen. Es ist Parteiposition der Linken, dass TSG durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Entsprechende Initiativen wurden in der Vergangenheit von uns konsequent mitgetragen und wir werden das Thema auch zukünftig immer wieder einbringen bis die Gesetzgebung sich endlich ändert!
2. Anders als bei Mann-Frau-Ehen muss in einer Ehe zwischen zwei Frauen die Frau, die das Kind nicht geboren hat, eine Stiefkindadoption beantragen. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Ungleichbehandlung beendet wird?
Bei heterosexuellen Ehen wird der Ehemann als Vater eingetragen, unabhängig von der tatsächlichen leiblichen Elternschaft, daran kann es also nicht liegen. Zudem stellt eine Stiefkindadoption ein massives Problem bei potenziellen Sorgerechtsstreitigkeiten und ähnlichem dar und sorgt so nicht nur am Anfang für langwierige bürokratische Probleme, sondern kann auch auf lange Sicht zu erheblichen Benachteiligungen und Problemen führen. Diese Ungleichheit ist völlig absurd und gehört abgeschafft.
3. Sollten queere Menschen in Länder abgeschoben werden können, in denen ihnen Verfolgung aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität droht?
Die Antwort ergibt sich ja schon aus der Frage: Natürlich nicht! Nach wie vor droht queeren Menschen in vielen Ländern der Erde Verfolgung und Repression bis hin zum Gefängnis, Folter und Tötung. Eine Abschiebung in derartige Verhältnisse verbietet sich und wir als LINKE sprechen uns klar dagegen aus. Mehr noch, wir müssen uns natürlich auch im Rahmen unserer diplomatischen Möglichkeiten immer und überall dafür einsetzen, diese Zustände zu beenden.
4. Sollte der dritte Geschlechtseintrag ("divers") für alle Menschen zugänglich gemacht werden, die sich weder männlich noch weiblich definieren?
"Geschlecht" ist nicht binär, daher sollte die Kategorie "divers" allen Menschen offen stehen. Denn wenn wir Geschlecht endlich als Identitätsbeschreibung statt Biologie begreifen wollen, ist das die notwendige Konsequenz. Eine entsprechende Selbstverortung darf nicht umständlich begründet werden müssen oder mit unzumutbaren bürokratische Hürden oder gar Kosten verbunden sein.
5. Sollte Artikel 3 des Grundgesetzes erweitert werden, um Diskriminierung aufgrund der sexuellen sowie geschlechtlichen Identität zu verbieten?
Ja, wir setzen uns für eine Erweiterung von Artikel 3 GG ein, da wir jeder Form der Diskriminierung etwas entgegensetzen wollen. Das ist für uns selbstverständlich!
5. Andreas Jung, CDU
1. Setzen Sie sich für die Ersetzung des sog. "Transsexuellengesetzes" (kurz TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ein?
Ja. Alle Menschen in Deutschland sind Teil unserer Gesellschaft und müssen sich auch als solche identifizieren können. Das muss sich auch in unserer Rechtsordnung widerspiegeln, damit alle unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher und mit den gleichen Rechten und Pflichten selbstbestimmt leben können. Um den Bedürfnissen transidenter Menschen gerecht zu werden, unterstütze ich eine Reform des Transsexuellengesetzes. Als Gesetzgeber sollten wir unter Sicherstellung eines validen Personenstandsregisters auch rechtlich die tatsächliche Vielfalt der Geschlechter anerkennen um das Leben von Betroffenen mit klar geregelten Verfahren zu erleichtern. Maßgeblich sind hierbei auch die verschiedenen Urteile der obersten Gerichte.
2. Anders als bei Mann-Frau-Ehen muss in einer Ehe zwischen zwei Frauen die Frau, die das Kind nicht geboren hat, eine Stiefkindadoption beantragen. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Ungleichbehandlung beendet wird?
Ich setze mich dafür ein, dass wir unser Familienrecht an die heutige gesellschaftliche Realität anpassen, um die gelebte Vielfalt an Familienkonstellationen und neue Formen des Zusammenlebens darin abzubilden. Dabei gilt es, insbesondere die Interessen des Kindes im Blick zu haben und der Rechte und Pflichten aller Elternteile Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund muss sorgfältig abgewogen werden, ob ein Automatismus in allen Fällen richtig ist. Ich bin zuversichtlich, dass unter Würdigung all dieser Faktoren eine angemessene und praktikable Regelung gefunden werden kann. In einem ersten Schritt haben wir im vergangenen Jahr bereits das Stiefkindadoptionsrecht reformiert.
3. Sollten queere Menschen in Länder abgeschoben werden können, in denen ihnen Verfolgung aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität droht?
Nein, Menschen sollten nicht in ein Land abgeschoben werden können, in denen ihnen aufgrund ihrer sexuellen Identität oder Orientierung unmittelbar Verfolgung droht.
4. Sollte der dritte Geschlechtseintrag ("divers") für alle Menschen zugänglich gemacht werden, die sich weder männlich noch weiblich definieren?
Ja. Infolge eines Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes gibt es seit Ende 2018 im deutschen Personenstandsrecht die Möglichkeit, den sog. Dritten Geschlechtseintrag („divers“) zu wählen. Der Geschlechtseintrag kann auch gänzlich offengelassen werden. In allen Fällen muss nachgewiesen werden, dass die antragstellende Person sich nicht mit dem Geschlecht auf ihrer Geburtsurkunde identifiziert – und zwar seit mehr als drei Jahren und voraussichtlich dauerhaft. Grundsätzlich ist hierzu auch ein ärztlicher Nachweis vorzulegen, ausnahmsweise genügt in besonderen Fällen auch eine Versicherung an Eides statt.
Das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei transsexuellen Personen muss deutlich zügiger, transparenter und kostengünstiger ausgestaltet werden muss, um die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts zu erhöhen. Für die Frage, ob und für welche Fallgestaltungen künftig neben dem familiengerichtlichen Weg eine bloße Erklärung vor dem Standesamt für die Änderung des Geschlechtseintrags ausreichen soll, muss eine angemessene Lösung unter Berücksichtigung aller Belange gefunden werden.
5. Sollte Artikel 3 des Grundgesetzes erweitert werden, um Diskriminierung aufgrund der sexuellen sowie geschlechtlichen Identität zu verbieten?
Das Grundgesetz garantiert allen Menschen in unserem Land Rechte und Pflichten. Zum Kern der Grundrechte gehört das Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 3 GG: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religioösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Selbstverständlich gilt das damit auch für queere menschen: Ausgrenzung und Diskriminierung haben in Deutschland keinen Platz.
Nach vielfach bestätigter Rechtsprechung unterliegen Differenzierungen und Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität bereits den strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen des Artikels 3 Absatz 3 GG, da auch die geschlechtliche Identität eines Menschen unter das Merkmal Geschlecht falle. Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen und sexuellen Identität ist damit verboten. Eine explizite Nennung hätte damit lediglich symbolische Bedeutung. Damit ist die Frage weniger eine der inhaltlichen Positionierung als eine des Verfassungsverständnisses. Es spricht viel dafür, das Grundgesetz nicht mit deklaratorischen Sätzen zu ändern, sondern in Fällen, in denen dies eine tatsächliche inhaltliche Wirkung entfaltet. Dies wird bei der weiteren Diskussion hierzu zu berücksichtigen sein.